Yes, it´s Erasmus

Mittwoch, 21. November 2007

Komm, Heidi, blas mir einen

Eine Bekannte erzählte mir neulich, sie sei schon viel gereist. Ich unterbrach und sagte, als Österreicherin bleibe ihr ja nicht viel übrig. Sie blickte missbilligend, entschied sich fürs Fortfahren, hub nochmal an: Viel gereist sei sie ja schon. Und habe schon vieles gesehen. Aber eines, eines sei ja überall gleich. "Ausländische Männer kennen deutsche Pornos."

Ich fragte, wie sie das meine. Möglicherweise träfe das manchmal zu, möglicherweise auch nicht, was sei das Besondere daran? "Nein, nein", sagte meine Bekannte, "die kennen alle einen bestimmten Porno. Und weißt du was? Den muss ich jetzt endlich auch mal sehen."
Sie baute sich vor mir auf, sah mir in die Augen und sagte laut:
"Komm, Heidi, blas mir einen." Ich war dezent verwirrt. So muss ich auch ausgesehen haben, denn meine Bekannte lachte sogleich. "Ich meine nicht dich", sagte sie, "aber das sagen sie alle zu mir." Ich sagte, ich hätte gewusst, dass sie nicht mich meine, ich sei ja auch nicht Heidi, hätte nur nicht gewusst, was sie sonst meine und wolle und außerdem gerade den Faden verloren (in Wirklichkeit war ich ein wenig erleichtert. Österreicher. Man weiß ja nie).

Es stellte sich heraus, dass Männer, die an besagter Bekannter interessiert sind, grundsätzlich gern diesen Ausspruch tätigen. Oft kombinieren sie ihn mit charmantem Zwinkern oder mäßig höflichen Berührungen. "In Norwegen ist mir das passiert, Finnland, aber auch in Spanien schon, und Portugal." Überall klinge es anders, die lustigsten Akzente natürlich, aber immer sei es dieser Spruch. Komm, Heidi, blas mir einen.

"Und in Bologna ist es am heftigsten. Gestern haben mir das zwei Kerle gesagt. Unabhängig voneinander. Der eine hats mir auf der Tanzfläche ins Ohr geflüstert, der andere dann später an der Bar, mitten im Gespräch, dabei haben wir auf Italienisch geredet!" Offensichtlich meinten die Männer, das sei eine Art Zauberformel, der deutschsprachige Frauen nicht widerstehen könnten. Anders sei so ein Verhalten ja kaum zu erklären.

Ich musste an die Tankstelle an meiner Ecke denken. Seit mehr als einem Monat gehe ich daran vorbei, und immer habe ich mich gewundert, warum dort ein Getränkeautomat hinter den Zapfsäulen steht (schließlich kann man Getränke auch in der Tankstelle kaufen). Neulich nachts, als ich von irgendwoher zurückkam, sah ich ihn mir genauer an. Tatsächlich offenbarte sich aus der Nähe, dass es kein Automat für Getränke war. Für zwölf Euro konnte man dort eine erotische DVD ziehen. Mein Italienisch reichte nicht, um die Titel, der angebotenen Filme zu übersetzen, aber die Cover ließen keine Zweifel aufkommen, keine Zweifel an gar nichts. Dieses Land ist zu 80% katholisch, dachte ich. Warum sehe ich ausgerechnet in einem der konservativsten Länder Europas einen Pornomat auf der Straße stehen? Aber da stand er und machte deutlich, dass er da nicht seit gestern stand. Und als ich aufbrechen wollte, mich gerade umdrehte, kam mir ein Kerl mit Kappe und Trainingsjacke entgegen, blieb stehen, sah kurz zu mir, kurz zum Automat, zurück, drehte sich dann wortlos um und ging wieder. Ich war kurz davor, mich zu bekreuzigen.

"Jedenfalls", sagte meine Bekannte, "habe ich versucht, in Österreich an diesen Porno zu kommen. Ich meine, nachdem mir auf meiner Skandinavienreise ständig Leute den Spruch gesagt haben, wollte ich einfach wissen, was das für ein Film ist. Aber stell dir vor: Das Ding ist nirgendwo zu bekommen! Ich habe dann nachgeforscht und herausgefunden, dass das gar keine deutsche Produktion ist. Es ist der Titel von irgendeiner Pornoserie auf den Malediven, in der angeblich echte deutsche Madl´n die Einwohner beglücken. "Komm, Heidi, blas mir einen" ist der einzige deutsche Satz, der drin vorkommt, aber das immer und immer wieder. Der muss sich bei seinen Zuschauern ziemlich eingeprägt haben."

Meine Bekannte lachte. Ich lachte auch und nahm einen Schluck Bier. Komm, Heidi, blas mir einen. Meine Bekannte schüttelte den Kopf. Sie habe überlegt, ihn sich zu kaufen, aber er sei nicht billig. Es haue sie wirklich um: In ganz Europa komme man ihr mit diesem Satz. Ich lachte wieder, mein Bier war leer. Ich ging neues holen. Komm, Heidi, blas mir einen. Mir blieb der Satz im Kopf, es war unangenehm. An der Theke verschüttete jemand Wein.

Freitag, 9. November 2007

It goes me on the keks

Was stimmt: dass ein Erasmusaufenthalt die Sprachkompetenz verbessert. Definitiv bin ich, schon nach zwei Wochen, deutlich kommunikationsfähiger als zuvor. Vor der Reise hätte ich allerdings angenommen, dass sich in Italien hauptsächlich mein Italienisch verbessern würde. Da aber die meisten Studenten, die ich hier kennenlerne, darin noch genau so schlecht sind, wie ich, fällt diese Sprache eigentlich völlig weg. Gelernt habe ich stattdessen:

- Irish-

- Scottish-

- und ein klein bisschen British-English

- die Tatsache, dass ich einen amerikanischen Akzent habe

- Zeichensprachenspanisch

- Österreichisch

- Steierisch (ja, oh ja: ist ein Unterschied)

- Ein paar Brocken Norwegisch

- Drei Wörter auf Holländisch

- Ein Wort auf Finnisch (ich kann nicht sagen, welches; es ist unanständig und am Ende versteht es noch jemand hier)

Meistens spreche ich alle gleichzeitig, mindestens immer zwei parallel. So macht man das hier, ab einem gewissen Promillepegel verschwimmen die Sprachbarrieren ohnehin und wenn man am nächsten Tag aufwacht, hat sich das linguale Zentrum, getrieben vom Alkohol, selbstständig neu programmiert. Es ist kein Grund zur Sorge, wenn man fortan einen sehr kruden Sprachmischmasch träumt - der Schaden ist zwar irreparabel, aber man gewöhnt sich daran. Sinnvoll wäre allerdings die Einführung einer verbindlichen Erasmussprache - sie wäre zwar komplizierter als Esperanto, aber viel intuitiver erlernbar.

Ich entwerfe mal ein Wörterbuch, in nächster Zeit.
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